Erklärtext
Eine kontaktlose Lieferung des persönlichen Lebensmitteleinkaufs bis vor die Haustür: Seit Beginn der Corona-Pandemie verbreiten sich Lieferdienste im Rekordtempo auf dem deutschen Markt, ein Ende der raschen Expansion des umkämpften Wettbewerbs ist nicht abzusehen. Eine Übersicht ausgewählter Lieferdienste zeigt unsere Infografik.
Same-Day-Delivery zwischen 10 Minuten und 3 Stunden: die Quick-Commerce-Anbieter in Deutschland versprechen eine smarte, bequeme und vor allem schnelle Auslieferung von Produkten. Die Corona-Krise und die wachsende Digitalisierung haben den Trend zur Bestellung von Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs im vergangenen Jahr weiter angetrieben. Immer mehr Lieferservices drängen in diesem Zuge auf den deutschen Markt.
Das Geschäftskonzept der deutschen Anbieter Flink und Gorillas, beide 2020 gegründet, geht auf lokale Lieferkonzepte aus der Türkei zurück, wo der Anbieter Getir bereits seit 2015 eine flächendeckende Auslieferung von Lebensmitteln in circa 10 Minuten anbietet. Flink und Gorillas bieten den deutschen Konsument:innen an Werktagen bis 23 Uhr am Abend zwischen 1.000 und 2.000 Produkten für den täglichen Gebrauch zum Kauf an.
Das Produktsortiment ist über eine Smartphone-App abrufbar und nach Kategorien geordnet. Die Anbieter fokussieren sich auf den Verkauf von Nahrungsmitteln und bieten dabei unter anderem frische Backwaren, Obst und Gemüse sowie ein breites Portfolio an Milchprodukten an. Die Preise sind dabei größtenteils vergleichbar zu klassischen Supermarktpreisen. Die Liefergebühren betragen aktuell rund 1,80 Euro, einen Mindestbestellwert gibt es nicht. Gorillas plant allerdings derzeit eine Erhöhung der Gebühren für Bestellungen unter 10 Euro auf 2,10 Euro.
Gorillas ist bundesweit in über 20 Städten, Flink in mehr als 35 Städten vertreten. Die Auslieferung der Produkte erfolgt zumeist über E-Bikes, die den Fahrern der Lieferdienste zur Verfügung gestellt werden.
Kooperationen mit dem Handel
Die Quick-Commerce-Lieferdienste beschränken sich nicht nur auf die Auslieferung von Lebensmitteln. Viele der Lieferservice-Anbieter bringen Produkte in Zusammenarbeit mit Lebensmittelhändlern, Restaurants und auch Nonfood-Händlern zur Kundschaft. Bringoo, seit November 2020 auf dem deutschen Markt aktiv, arbeitet mit der Metro, der Rewe Group und auch lokalen Händlern wie Hugendubel zusammen und bietet in diesem Rahmen eine Lieferung innerhalb von 45 Minuten für eine Gebühr von 2,90 Euro an. Voraussetzung: Die Lieferung darf das Maximalgewicht von 20 Kilogramm nicht überschreiten.
Der im August 2021 in München und Umgebung gestartete Anbieter Knuspr setzt u. a. auf die Zusammenarbeit mit lokalen Bauern und Händlern und bietet ein Vollsortiment aus aktuell etwa 9.000 Artikeln, das laut Unternehmensangaben künftig auf bis zu 16.000 Produkte anwachsen soll.
Umkämpfter Markt
Der Markt ist aktuell stark in Bewegung, haben auch Gastro-Lieferdienste wie Foodpanda und Lieferando angekündigt, in die Lieferung von Lebensmitteln und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs einzusteigen. Auch aus dem Ausland strömt Konkurrenz auf den stark umkämpften Markt. So verfolgt beispielsweise der amerikanische Anbieter Gopuff mit einer Finanzierung von mehr als 3,4 Milliarden US-Dollar eine ambitionierte Expansionsstrategie auf dem europäischen Markt und reiht sich damit in einen Pool von diversen ausländischen Lieferdiensten ein, die einem zeitnahen Eintritt auf dem deutschen Markt entgegenblicken. In Berlin startete Anfang September der russische Schnelllieferdienst Wuplo.
Der aus Finnland stammende Anbieter Wolt bietet in Deutschland aktuell vornehmlich Speisenauslieferungen an, sieht sich künftig eher aber als fahrendes Einkaufszentrum mit einer „App für alles“ und integrierte neben der klassischen Lieferung von Mahlzeiten auch Blumen, Wein oder Pralinen in die Plattform. Das Unternehmen arbeitet hierfür mit dem lokalen Einzelhandel zusammen, der über die Wolt-Plattform die Möglichkeit bekommt, seine Waren neben dem Fachgeschäft auch online zu vermarkten, ohne einen eigenen Onlineshop haben zu müssen. Wolt liefert die Bestellung dann innerhalb von 35 Minuten aus.
Die Konkurrenz in diesem jungen Markt ist hoch, die Margen bei Lebensmitteln laut Handelsexperten deutlich geringer als bei zubereiteten Speisen. Dennoch ziehen die Quick-Commerce-Lieferdienste in Deutschland finanzstarke Investitionen an. So stieg kürzlich der Dax-Konzern Delivery Hero bei Gorillas ein, bei Flink der in den USA aktive Lieferdienst Doordash.