Erklärtext
Der deutsche Einzelhandel im engeren Sinne ist seit der Finanzkrise 2009 nominal stetig gewachsen. Auch die Corona-Pandemiejahre, die für den Nonfood-Handel besonders dramatisch verliefen, hat die Branche mit einem nominalen und realen Umsatzplus abgeschlossen. Im Jahr 2022 wird die Lage des Einzelhandels von den Folgen des russischen Ukraine-Krieges bestimmt. Dem Handelsverband Deutschland (HDE) zufolge rutscht der Einzelhandel erstmals seit 2013 inflationsbereinigt ins Minus.
Im ersten Coronajahr 2020 belief sich der Gesamtumsatz im deutschen Einzelhandel exkl. Kraftfahrzeughandel, Tankstellen und Apotheken auf 579,4 Milliarden Euro netto, dies entspricht einem nominalen Plus von 6,2 Prozent gegenüber dem Vor-Pandemiejahr 2019 und real einem Zuwachs von 4,6 Prozent. Im Jahr 2021 wuchs der Einzelhandel deutlich schwächer. Der Gesamtumsatz der Branche stieg nominal um 1,6 Prozent und preisbereinigt um 0,1 Prozent auf 588,7 Milliarden Euro. Von den Auswirkungen der Coronapandemie (Lockdowns, In-House-Versorgung infolge geschlossener Gastronomie und verstärkter Homeoffice-Tätigkeit und Homeschooling) profitierten vor allem der Lebensmitteleinzelhandel und der Online-Handel. Beide Branchen verzeichneten ein kräftiges Umsatzwachstum. Nach HDE-Zahlen setzte der B2C-E-Commerce im Jahr 2020 insgesamt 72,8 Milliarden Euro um und erwirtschaftete damit ein zweistelliges Umsatzplus von 23 Prozent gegenüber 2019. Im Folgejahr wuchs der Gesamtumsatz im Online-Handel mit +19,1 Prozent auf 86,7 Milliarden Euro ähnlich stark wie im Vorjahr.
Der Start ins Jahr 2022 war im Einzelhandel zunächst weiterhin von Coronabeschränkungen wie z. B. der 2G-Zutrittsregelung und der Maskenpflicht geprägt. Die Branche hoffte aber auf ein baldiges Aufheben der Restriktionen und eine Erholung der Geschäftslage. Der Wunsch nach dem Ende der Restriktionen erfüllte sich im Frühjahr, doch die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel verschärften sich mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine Ende Februar 2022 erneut. Die Auswirkungen des andauernden Krieges, die von der steigenden Inflation bis hin zu den Unsicherheiten bei der Energieversorgung über die Verunsicherung der Verbraucher:innen und die corona- und kriegsbedingt gestörten Lieferketten reichen, stellen die Einzelhändler vor neue Herausforderungen. Im Zuge starker Kaufkraftverluste durch weiter steigende Preise ändern viele Verbraucher:innen ihr Einkaufsverhalten; sie kaufen preisbewusster ein und verschieben größere Anschaffungen im Nonfoodbereich.
Aufgrund der stark gestiegenen Preise geht der Handelsverband für das Geschäftsjahr 2022 insgesamt von einem nominalen Umsatzwachstum der Branche von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus, inflationsbereinigt erwartet er jedoch einen Rückgang der Gesamtumsätze um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der aktuellen Prognose zufolge würden die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland im Jahr 2022 insgesamt 606,3 Milliarden Euro umsetzen. Für den Online-Handel prognostiziert der HDE eine Abflachung des Wachstums. Vor Kriegseinbruch war er noch von einem Umsatzplus von 12,4 Prozent ausgegangen.
Weitere Informationen über die Entwicklung des deutschen Einzelhandels finden Sie auf unserer Branchenseite „Deutschsprachiger Einzelhandel“. Außerdem gibt unsere Branchenseite „E-Commerce“ einen Einblick in die Entwicklung des Online-Handels im deutschsprachigen Raum. Auf unserer Themenseite „E-Commerce“ werden die kürzlich vorgestellten Kernergebnisse aus der Studie „E-Commerce-Markt Deutschland 2022“ vorgestellt, die ausführliche Daten und Fakten zu den Top-1.000-Online-Shops in Deutschland enthält.